Ein Wiedersehen mit Nepal nach zwei Jahren Corona

Namasté –  „Ich grüße das Göttliche in Dir“ wird als Ausdruck von Dankbarkeit, Liebe, Frieden oder Ehrerbietung verwendet. So wird man in Nepal begrüßt.  Mit einer bestimmten demutsvollen Haltung werden die Hände vor der Brust zusammengelegt und der Oberkörper nach vorne gebeugt. Die Geste gilt als Form respektvollen Umgangs ähnlich einem Gebet. Bei „Namasté“ geht es darum, sich zu bedanken und die Zeit und Mühe anzuerkennen, die jemand für sie aufgewendet hat.

Nie zuvor habe ich diesen Ausdruck der Dankbarkeit der Menschen auf dem Dach der Welt, denen ich begegnet bin, so intensiv empfunden wie auf dieser Reise. Uns – der Gesamtschule Mechernich – gilt dieser große Dank dafür, dass wir die Menschen in den letzten zwei Jahren nicht vergessen haben.

Die Corona-Krise hat Nepal schwer getroffen. Vor allem während des Lockdowns  brachen sämtliche Einnahmen vieler Familien komplett weg. Es gab keine finanzielle Unterstützung seitens des Staates. Die Menschen waren während des Lockdowns über lange Zeit zu Hause auf sich alleine gestellt. Besonders hart traf dies die zahlreichen Tagelöhner, die gerade so viel verdienten, wie sie am Tag für sich und ihre Familien zum Leben brauchten.

Zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen Nepals zählen der Tourismus und die Arbeitsmigration. Während Corona war der Internationale Flughafen für viele Monate geschlossen.  Dies bedeutete das vorläufige Ende eines ganzen Wirtschaftszweigs. Hotels, Restaurants, Trekking-Agenturen, Guides und Träger, ihnen allen wurde die Wirtschaftsgrundlage entzogen. Auch für Busunternehmen, Rikschas sowie Taxis stellte dies einen gewaltigen Einkommenseinbruch dar. Das öffentliche Bildungssystem litt besonders unter den Auswirkungen des strengen Lockdowns. Viele Schülerinnen und Schüler waren mehr als ein halbes Jahr ohne Kontakt zu schulischer Bildung.

Zweimal musste ich meine anstehende Nepalreise coronabedingt verschieben.

Am 11. April 2022 war es dann endlich soweit! Ich freute mich riesig, das Land und die Menschen, die wir seit Jahren kennen und lieben, wiederzusehen. Nach mehr als 11 Stunden Flug – mit Zwischenstopp in Doha – erreichte ich Kathmandu und staunte über die bauliche Weiterentwicklung des Flughafens Tribhuvan. Viele Menschen, Taxifahrer warteten auf Gäste und freuten sich darüber, dass endlich wieder Touristen ihr Land besuchen!

Für den zweiwöchigen Aufenthalt hatte ich mir viel vorgenommen. Ein Höhepunkt der Reise war zweifellos die Begegnung mit den Behinderten und Waisenkindern. Das Behindertenheim in Techo wurde Anfang 2020 wegen hoher Infektionszahlen und der schlechten Betreuung seiner Bewohnerinnen und Bewohner geschlossen. Die Kinder wurden auf andere Heime verteilt. Ein Großteil der von uns unterstützten Kinder ist mittlerweile in Panchkhal (ca. 3 Fahrt-Stunden von Kathmandu) untergebracht. Dort leben insgesamt 31 Bewohnerinnen und Bewohner – sowohl Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung als auch Waisenkinder.

Die Zustände im Heim entsprechen nicht unseren Vorstellungen von Hygiene, Sauberkeit, Lebensqualität. Da es sich um eine staatliche Einrichtung handelt, ist die Versorgung sehr eingeschränkt. Noch vor Weihnachten hatten Freunde und Unterstützer in Nepal den Weg nach Panchkhal auf sich genommen, um einen kleinen Weihnachtsgruß von unserer Gesamtschule zu überreichen.

Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, etwas ganz Persönliches für die Heimbewohner mitzubringen. Durch Zufall entdeckte ich in Kathmandu mehrere Restposten schöner Fußballtrikots mit dem Bundesadler und die dazu passenden Trainingsanzüge. Gesehen, gekauft und damit viel Freude ausgelöst!

Strahlende Gesichter erwarten mich. Bei meinem Besuch brachte ich außerdem für jeden Heimbewohner kleine süße Überraschungen mit (Schokolade, Gebäck, Säfte und Nudeln). Auch die vier Betreuer und Betreuerinnen nahmen Geschenke und Geldspenden dankend an. Immerhin wurde ihnen seit fünf Monaten keine einzige Rupie vom Staat gezahlt.

Außerdem wurde ein Durchlauferhitzer installiert, damit die Heimbewohner mit warmem Wasser gewaschen werden können, da es dort keine Möglichkeit zu duschen gibt. Jetzt können sie immerhin warmes Wasser „zapfen“!  Zwei Gasflaschen und ein riesiger Reiskocher ergänzen das Kücheninventar. Und ein Kühlschrank ist trotz des täglichen Stromausfalls eine sinnvolle Investition.

Am letzten Tag des alten Schuljahres – Nepal feiert das Neue Jahr; das Jahr 2079! – gehörte mein Besuch in unserer Partnerschule in Kirtipur mit zum Höhepunkt dieser Reise. Ich freute mich, unsere 37 Patenkinder zu begrüßen und die Verteilung unserer Geldspenden einzuleiten. Leider mussten einige Familien während der Corona-Krise ihren Wohnsitz in der Stadt aufgeben, so dass auch die Kinder den gewohnten Schulbesuch aussetzen mussten. Von ursprünglich 37 Patenkindern konnten sechs Familien nicht mehr ermittelt werden. Vermutlich haben sie Kirtipur verlassen und sind notgedrungen in ihre ländliche Heimatgemeinden zurückgekehrt. Mehr als 50% aller Kinder in Nepal müssen nach (oder sogar vor) der 4. Klasse die Schule abbrechen. Armut ist einer der Hauptgründe dafür. In Nepal ist Kinderarbeit nach wie vor weit verbreitet und betrifft hauptsächlich Jungen und Mädchen außerhalb der Städte.

In Jawalhakel haben wir in den zwei Pandemiejahren ein verstärktes Augenmerk auf die älteren Menschen in einem tibetischen Flüchtlingslager und in einem Altersheim gelegt und eine Hilfsaktion mit Hilfsgütern und Nahrungsmitteln  für Alte und Bedürftige gestartet.

6.888 km liegen zwischen Mechernich und Kathmandu und wenn ich schon so einen weiten Weg auf mich nehme, habe ich mir auch die Zeit genommen, einige von ihnen zu  besuchen und persönlich kennenzulernen. Es waren ergreifende Momente – den Dank dieser Menschen unserer Schule gegenüber entgegenzunehmen. Für sechs Betagte habe ich Notpakete mit einem Lebensmittelvorrat von Reis, Dhal, Eiern, Tee und Öl für die nächsten vier Monate organisiert.

In Nepal ist es seit dem großen Erdbeben von 2015 besonders schwierig geworden, medizinische Hilfsmittel zu beschaffen. Daher war die Übergabe eines Rollstuhls in einem Altenheim in Jawalakhel eine gelungene abschließende Überraschung.

Seit sieben Jahren besteht unser Nepal-Projekt, durch unser Engagement und zahlreiche Aktionen helfen wir seitdem vielen Menschen in Nepal. Es ist beindruckend! So sieht es auch die Jury von Jugend Hilft. Wir haben im März 2022 erneut einen Antrag bei CHILDREN Jugend Hilft! gestellt. Nach dem Motto: „Soziales Engagement ist wichtig für eine lebenswerte Gesellschaft, in der niemand abgehängt und zurückgelassen wird“ fördert die Kinderhilfsorganisation Children for a better World finanziell soziale Projekte von engagierten Kindern und Jugendlichen. Children for a better World ist überzeugt: „Wer schon früh lernt, etwas bewegen zu können, wird für sich selbst und für unsere Gesellschaft mehr Verantwortung übernehmen“.

Eine Jury von Children Jugend Hilft hat sich erneut für eine Förderung unseres „Nepal-Projektes“ ausgesprochen. Das Preisgeld in Höhe von 1.200 € ist eine tolle Auszeichnung und Anerkennung für unser soziales Engagement.  „ Liebes Projektteam, die Jury findet euer Projekt nach wie vor super! Vor allem wie ihr euch mit eurer Zielgruppe auseinandersetzt und wie ihr das Projekt über die Jahre weiterentwickelt habt, ist wirklich beeindruckend. „Macht weiter so“!

Danke an die, die unser Projekt unterstützen!

Catherine Hofstetter und die Schülerinnen und Schüler der Nepal-AG