Gedenkgang 2025: Für Jenny und Lina Kaufmann – für die, die damals niemanden hatten
Am 10. November 2025 nahm eine Schüler*innengruppe der Gesamtschule Mechernich erneut am städtischen Gedenkgang teil. In diesem Jahr standen zwei Frauen im Mittelpunkt, deren Schicksal eng mit unserer Stadt verbunden ist: die jüdischen Schwestern Jenny und Lina Kaufmann. Dort, wo einst ihr Modegeschäft an der Eifelpassage stand – „ein ganz normales Kaufhaus, in dem Menschen einkauften, redeten, lachten“ – begaben sich unsere Schülerinnen und Schüler auf die Suche nach Antworten auf eine bedrückende Frage:
Wie fühlt es sich an, wenn alles, was man sich aufgebaut hat, in einer einzigen Nacht zerstört wird?
Erinnern heißt Verantwortung übernehmen
Die Schülergruppe schilderte eindrücklich, was in der Novembernacht 1938 an der Turmhofstraße geschah. Eine Menschenmenge versammelte sich – neugierig, wartend, aber tatenlos.
Löcher wurden in die Wände des Hauses geschlagen, ein Traktor riss das Gebäude mithilfe einer Seilwinde nieder. In wenigen Minuten war das Lebenswerk der Schwestern Kaufmann zerstört.
Besonders schmerzhaft bleibt der Blick auf die Reaktionen der damaligen Bevölkerung: Viele schauten zu. Fast niemand half.
„Diese Passivität tut fast noch mehr weh als die Gewalt“, formulierte die Schülergruppe in ihrem eindrucksvollen Text.
Nach dem Angriff folgte nicht etwa Unterstützung – sondern ein behördlicher Bescheid, der Jenny und Lina verpflichtete, die Trümmer ihres eigenen Hauses zu beseitigen und die Kosten dafür zu tragen.
Jenny Kaufmann gelang später die Flucht in die USA. Von ihrer Schwester Lina wissen wir nur, dass sie vermutlich vor 1942 verstarb. Dieses „Wir wissen es nicht“ ist ein schmerzlicher Teil der Erinnerung – und zugleich ein Auftrag, genauer hinzusehen.
Gedenken mit Blick auf die Gegenwart
Die Schülerinnen und Schüler zogen eine klare Verbindung zwischen damals und heute:
Wir leben in einer Zeit, in der jede*r jederzeit filmen, dokumentieren und teilen kann. Hass und Ausgrenzung sind sichtbar – und ebenso sichtbar ist, ob wir wegschauen oder handeln.
„Jenny und Lina stehen für mehr als ein zerstörtes Haus“, fasst die Gruppe zusammen.
„Sie stehen für die Frage: Was tust du, wenn Unrecht passiert? Schaust du weg – oder stehst du auf?“
Unser Auftrag: Nie wieder wegschauen
Als Gesamtschule Mechernich schließen wir uns dieser Haltung an.
Wir sagen nicht nur „Nie wieder“, sondern:
Nie wieder schweigen.
Nie wieder wegschauen.
Die AG Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage wird sich gemeinsam mit der Projektgruppe „Forschen – Gedenken – Handeln“ aktiv dafür einsetzen, dass neue Stolpersteine zum Gedenken an Jenny und Lina Kaufmann verlegt werden können.

